Zu meiner Person

Paleochora Jan 2022
Paleochora Jan 2022

Mein Interesse galt früh dem Verständnis dessen, was in uns ist und ich konnte mir kaum etwas Faszinierenderes vorstellen als diese Reise nach Innen, diese Entdeckungsreise in jene Bereiche, in denen unser Verhalten wurzelt, unsere Emotionen, Gedanken und natürlich auch die Art und Weise unserer Beziehungen.

Auch heute verstehe ich die therapeutische Arbeit als eine abenteuerliche Reise, als etwas, das neben all den ernsten Momenten auch mit viel Freude, Lust und Staunen verbunden ist.

So habe ich mein Psychologiestudium mit der Absicht aufgenommen, später als Therapeut arbeiten zu können, habe dem Studium dann die gestalttherapeutische Ausbildung, sowie die auf Psychotherapie eingeschränkte Heilpraktikerprüfung folgen lassen, um dieses Ziel schließlich zu verwirklichen.

Diese Ausbildungen, in erster Linie die gestalttherapeutische, haben mir jene Kompetenz vermittelt, die es braucht, um andere Menschen begleiten zu können, im Wissen, dass dies auch die Bereitschaft voraussetzt, selbst weiter auf der Reise zu sein und jene Authentizität zu leben, bei deren Verwirklichung ich andere Menschen unterstützen kann.

Nachdem ich dann 17 Jahre lang als Psychotherapeut in eigener Praxis gearbeitet habe – in Einzeltherapien, Paartherapien, Lehrtherapien, Supervisionen, in der fortlaufenden Gestaltgruppe – und 18 Jahre lang als Dozent im Fachbereich Psychologie an der Paracelsusschule Konstanz, habe ich Ende 2018 – noch vor Corona – den Entschluss gefasst, etwas Neues zu beginnen, mein Leben im Wohnmobil auf Reisen durch Europa.

Wenn es ein Ding gab, das ich im Zusammenhang mit meiner Berufstätigkeit bedauert habe, war es, dass dieses Leben auf Reisen nicht möglich war. Eine Praxis aufzubauen erfordert, über viele Jahre am selben Ort präsent zu sein.

Ich hatte meinen „idealen“ Beruf gefunden, in dem ich nie im Eindruck war, arbeiten zu müssen, sondern in der wunderbaren Situation war, das zu tun, was ich am liebsten tue. Und so war klar, dass ich eben diesen Verzicht leisten müsse: den Verzicht auf dieses Leben auf Reisen.

2018 habe ich mich dann trotzdem dazu entschieden, in der vagen Hoffnung, dass ich an bestimmten Orten meiner Reise Seminare, Workshops würde anbieten können.

Und dann kam Corona…plötzlich war ich in der Situation, dass es nur noch die Wahl zwischen dem Onlinearbeiten oder eben einer langen Zwangspause gab, und so habe ich angefangen, mich mit dieser Art des Arbeitens vertraut zu machen, meine Klienten mit mir, und die meisten meiner Klienten waren auch in ihrem eigenen beruflichen Feld mit der Notwendigkeit des Arbeitens im Homeoffice konfrontiert.

Nun war aber auch denkbar, was zuvor unvorstellbar war:

das Leben im Wohnmobil auf Reisen in Einklang zu bringen mit meiner weiteren Berufstätigkeit. So hat Corona auch für mich einige Türen verschlossen, diese eine aber geöffnet.

Ich bin nun seit neun Monaten unterwegs und es fühlt sich sehr, sehr stimmig an, auf eine ganz bodenständige Weise, ohne dass Engelschöre dazu sängen und die himmlischen Posaunen und Trompeten erklängen.

Es fühlt sich noch wie der Anfang einer großen Reise an, und ich gehe davon aus, dass sie noch viele Jahre dauern wird, solange das Unvorhersehbare nicht geschieht…

Reiseblog/Leben im Wohnmobil


29. August 2023

Ich hatte schon vor Beginn der Reise vorgehabt, in einem Blog meine Eindrücke wiederzugeben, meine Erfahrungen, den einen oder anderen Tipp zu geben, wenn es um die ganz konkreten Aspekte geht – benötigte Ausstattung, Aufrechterhaltung der Infrastruktur, Berichte über besondere Strecken, schöne Orte, landestypische Besonderheiten, etc., aber auch davon zu erzählen, was solch ein Leben an mentalen Herausforderungen bereithält und schließlich auch immer wieder mal von meinen Stimmungen zu berichten.

Nun hat es mehr als zwei Jahre gebraucht, um endlich damit anzufangen.

In den kommenden Wochen werde ich dann wohl erste Beiträge einstellen.


11. Oktober 2023

Le Vieux Boucau

Bd du Marensin, 40480 Vieux-Boucau-les-Bains

Also anfangen mit meinem Blog. Und dieser Ort ist wirklich ein guter dafür. Ist wirklich gut. obwohl ich mich auch hier in meinem inneren Dialog herauszureden versucht habe: „Ich habe doch die Photos noch gar nicht zur Verfügung, die ich hier gemacht habe (noch nicht bearbeitet), und ich wollte doch auf jeden Fall Photos an den Anfang des jeweiligen Beitrages stellen…“.

Scheiss drauf, die Photos liefere ich nach.

Ich bin nun schon seit über vier Wochen in Le Vieux Boucou, ca. vierzig Kilometer nördlich von Bayonne, ganz unweit der spanischen Grenze, auf dem hiesigen Camping Municipal.. Und ich mag es, obwohl ich die letzten fünfunddreißig Jahre wirklich kein Fan des französischen Atlantiks war. Die Aufenthalte an dieser Küste, die ich in meiner Jugend hatte, sind mir nicht in so guter Erinnerung geblieben. Und das hatte dann mit Folgendem zu tun:

– die Strände sind breit und gerade, so gar nicht meiner romantischen Mittelmeervorstellung entsprechend, in der die Küste aus lauter kleinen Buchten besteht, die ich dann erkunden kann. Hier geht der Strand über zehn Kilometer schnurgerade weiter und du siehst sehr genau, was dich da erwartet, wenn du dich auf den Weg machst.

– es zieht hier wie Hechtsuppe, ständig windet es. Wenn du dich am Strand eingecremt hast, siehst du nach zwei Minuten wie ein paniertes Schnitzel aus.

– die Wellen sind meist zu hoch, um schwimmen zu können. Standuppaddling kannst du vergessen.

– so hat mich diese Küste insgesamt im Emotionalem wenig berührt. Ich fand sie rau und kühl.

Und jetzt kann ich ein kleines Liebeslied singen auf diese Gegend hier, auf dieses nette kleine Städtchen, mit den hübschen Wohngegenden, den Häusern, die schon etwas in bretonischem Stil sind, auf das wilde Meer und die spektakulären Wellen, auf die gute Seeluft, die mir guttut, den ganz beiläufig freundlichen Menschen.

Und dann habe ich hier die Infrastruktur, die ich brauche: drei Supermärkte, Restaurants, die immer noch geöffnet haben und einen Camping Municipal, der direkt hinter den Dünen liegt und meine Sympathie für diese Art von Campingplatz in Frankreich noch einmal stärkt. Camping Municipal, der ohne Schnickschnack ist, ohne Animation, ohne Lautsprecherdurchsagen, ohne brüllendes Nachtleben…und du hast hier alles, was du brauchst…und meist sind diese Plätze sehr schön gelegen, dann auch noch sehr preiswert…du bezahlst zwischen 11 und 17 Euro die Nacht.

Und es ist tatsächlich erwähnenswert, dass ich mich hier so wohlfühle, weil ich eigentlich Grund hätte, mit dem Ort Unangenehmes zu assoziieren:

– vor zwei Wochen habe ich mir in einer dieser bewundernswert mächtigen Wellen das Knie verdreht, was dazu geführt hat, dass ich in den nächsten fünf Tagen für die Strecke bis zum Sanitärgebäude, das etwa 50 Meter entfernt liegt, so etwa acht Minuten gebraucht habe. Und auch jetzt – nach zwei Wochen – bin ich in meiner Bewegungsfähigkeit noch ziemlich eingeschränkt…obwohl es sich doch schon merklich gebessert hat. Das hat dann dazu geführt, dass ich all die Radtouren und Wandertouren, die ich eigentlich machen wollte, nicht machen konnte. Wie gesagt: ich war froh, dass ich bis zur Toilette kam.

– dann ist zwei Tage vor meiner Ankunft der Kühlschrank ausgefallen, während ich freistehend war…lief nicht mehr auf Gas. Glücklicherweise habe ich hier dann festgestellt, dass er auf Landstrom noch läuft. Ich habe versucht, das Ding selbst zu reparieren, all die Vorschläge umsetzend, die in den einschlägigen Wohnmobilforen so unterbreitet werden…ohne Erfolg. Und dann ging es über etwa zehn Tage darum, einen Thetford-Servicebetrieb aufzutun (So heißt mein Kühlschrank – Thetford), der mir in den nächsten Tagen, den nächsten Wochen einen Termin gibt, ein Betrieb, der noch so halbwegs auf meiner Strecke nach Portugal liegt.

Von den zehn Betrieben, die ich in Frankreich und Nordspanien angeschrieben habe, haben zwei geantwortet – ein französischer, der abgesagt hat, ein spanischer in Bilbao, der mir dann tatsächlich einen Termin gegeben hat…nächsten Montag. El viva Espania!

Und der Kühlschrank ist enorm wichtig für mich, ist enorm wichtig, dass er auf Gas funktioniert, da ich ihn im Freistehen ausschließlich so nutzen kann. Und ohne Kühlschrank ist mir das Freistehen zu anstrengend, vor allem auch deshalb, weil ich da oft weit entfernt vom nächsten Supermarkt bin.

Ich mag’s trotzdem sehr hier, bedauere jetzt schon ein wenig, dass ich nur noch drei Tage hier bin.

Ich wollte so viel mehr noch schreiben. Für heute ist’s genug.


14. Oktober

Le Vieux Boucau

Morgen geht es weiter, nach Bilbao, Kühlschrank reparieren lassen. Dann, wenn das geklappt hat, Bilbao kennenlernen.


Noch ein kurzer Nachtrag zu Le vieux boucau

Eigentlich schade, dass ich weiter gehe. Habe das gern gehabt hier. Doch mein Kühlschrank jammert, ich muss weiter.

Le vieux boucau ist übrigens ein Surferhotspot. Zwei Drittel der Leute, die hier auf dem Camping sind, sind dafür da…surfen in diesen grandiosen Wellen, die mir das Knie verdreht haben. Und dann bin ich in der Assoziation des Bob Dylan Songs, Highlands:


I see people in the park, forgetin their troubles and woes.

They’re drinking an dancin‘, wearing bright colored clothes.

All the young men with the young women lookin so good.

Well, I’d trade places with any of‘ em, in a minute, if I could.


Und eine Minute später weiß ich, dass das nicht funktioniert hätte, so wie ich damals war, in meinem Misstrauen allen Gruppen gegenüber, und ich hätte versucht, mich abzugrenzen. Ich wünschte mir, ich wäre in einem anderen Geist gewesen.

In dem Geist, in dem ich jetzt bin.